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Synode

Schule Weiten-Gesäß: Warum die Kirche die Trägerschaft abgeben will

Protest gegen Trägerschaft-Abgabe: Die Schule in Weiten-Gesäß bei der EKHN-Synode im November 2022

Protest gegen Trägerschaft-Abgabe: Die Schule in Weiten-Gesäß bei der EKHN-Synode im November 2022

Wie kam es, dass die Evangelische Grundschule Weiten-Gesäß in den Fokus von Sparmaßnahmen kam? Und wie sieht ihre Zukunft aus?

Über 60 satte Seiten umfasst der Reformentwurf. Dutzende von Haupt und Ehrenamtlichen haben anderthalb Jahre am „Arbeitspaket 9“ getüftelt. Es geht darin um nichts weniger und mehr als beispielsweise die Zukunft der Verkündigung und Seelsorge ebenso wie um das, was aus der Bildung in der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) wird. Das Papier beschreibt minutiös Veränderungen der Gesellschaft. Es geht darauf ein, wie die Kirche eigentlich reagieren sollte. Am Ende stellt es ernüchtert fest, dass für alles, was wichtig wäre, schon in ganz naher Zukunft einfach nicht mehr genug Geld da sein wird. Und an dieser Stelle kommt - neben vielen Fusions-Ideen von Einrichtungen und tiefgreifenden Kürzungen bei Stellen - auch die zuletzt vielfach in den Medien genannte Evangelische Grundschule in Weiten Gesäß (Odenwaldkreis) ins Spiel. Die evangelische Kirche überlegt in dem Entwurf, die Trägerschaft der Schule ab dem Jahr 2026 abzugeben. Ein schwerer Schrittt. Alle Kinder, die sie jetzt besuchen sollen aber auf alle Fälle die Möglichkeit erhalten, die Grundschule auch in Weiten-Gesäß abzuschließen. Das ist garantiert. 

Wer entscheidet über die Zukunft der Schule?

Im Zentrum der Entscheidung steht nun die Kirchensynode, das mit einem Parlament vergleichbare Gremium der EKHN. Die 120 gewählten Delegierten vertreten die 1,4 Millionen Mitglieder der hessen-nassauischen Kirche. In einer emotionalen Einbringungsrede der Ideen zum „Arbeitspaket 9“ vor der zuletzt Ende November 2022  tagenden Synode hatte die für die betroffenen Bereiche zuständige Oberkirchenrätin Melanie Beiner deutlich gemacht, dass es eigentlich ihre Aufgabe sei, die kirchlichen Dienste „zu fördern und wachsen zu lassen“. Nun habe sie vor der Aufgabe gestanden, Sparvorgaben von bis zu 30 Prozent in ihrem Arbeitsbereich vorzunehmen. Beiner: „Alles, was in der EKHN im kirchlichen Handeln getan wurde, wurde getan, weil es sinnvoll war; nichts war unwichtig.“ Der Blick müsse aber „jetzt in die Zukunft“ gehen. Im Zentrum müsse dabei die Frage stehen, „unter welchen Rahmenbedingungen und Herausforderungen“ Kirche „verlässlich und zukunftsfähig“ ihre Aufgaben weiter wahrnehmen könne.

Woher kommt der Spardruck in der evangelischen Kirche?

Das ist für niemanden eine leichte Situation. Allein in kirchlichen Teilbereichen wie Verkündigung, Seelsorge oder Bildung müssen die Kosten ab 2030 um jährlich 7,8 Millionen Euro gesenkt werden. Die Folge: Auch unpopuläre Maßnahmen, um die Arbeit insgesamt zu retten. Gesamtkirchlich sieht es noch dramatischer aus. Denn der Reformentwurf um das „Arbeitspaket 9“ ist nur ein einzelner Baustein im umfassenden Zukunftsprozess „ekhn2030“. Ihn stieß die hessen-nassauische Kirche vor drei Jahren an. Die Herausforderung: Weniger Mitglieder und prognostizierte Rückgänge der Kirchensteuer in den kommenden drei Jahrzehnten machen jetzt schon entschiedenes Handeln notwendig. Das Ziel: Die Kirche soll auch nach 2030 handlungsfähig bleiben. Die Aufgabe: Um die kirchliche Arbeit insgesamt zu erhalten, müssen die Gesamtaufwendungen der EKHN ab 2030 um jährlich 140 Millionen Euro reduziert werden. Zum Vergleich: Aktuell hat die EKHN ein Gesamtbudget von etwas über 700 Millionen Euro. Es wird klar: Rund ein Viertel der Kosten zu senken geht nur mit einer gewaltigen Kraftanstrengung.

Warum geriet Weiten-Gesäß in den Fokus?

Wie konnte die Grundschule in Weiten-Gesäß dabei so in den Fokus geraten? Bei näherem Hinsehen zeigt sich, dass die Schule schon seit 15 Jahren nicht mehr ausgelastet ist. Aktuell könnte die Schule 50 Schülerinnen und Schüler aufnehmen, derzeit sind es aber nur 36.  Tiefpunkt war 2015 mit 26 Kindern. So ist der aktuelle Refinanzierungsgrad mit etwa 40 Prozent weit entfernt von den staatlich üblichen 75 Prozent bei der Ersatzschulfinanzierung in Hessen. So muss die EKHN der Grundschule jedes Jahr rund 300.000 Euro zuschießen. Seit Jahren wurde vor Ort auf die schwierige Situation der Schule und ihre Zukunftsfähigkeit hingewiesen.  

Wie ist der aktuelle Entscheidungsstand zur Grundschule

Die Herbst-Synode 2022 hat die Entscheidung über die Zukunft der Schule auf ihre Tagung im Frühjahr 2023 verschoben. Die einzelnen Sparmaßnahmen im Arbeitspaket 9 und damit auch die Zukunft der Grundschule sollen noch einmal auf der Frühjahrstagung Ende April 2023 intensiv besprochen werden. Die nächsten Monate werden die Vorschläge in den Ausschüssen der Synode, die mit einem Kirchenparlament vergleichbar ist, beraten. Zugleich ließ die Herbst-Synode im November 2022 aber die Zügel bei den Sparvorgaben nicht locker: Es bleibt dabei, dass in dem betreffenden Arbeitsbereich zu dem auch die Schule gehört, weiter 7,8, Millionen Euro gespart werden müssen.

Wie geht es mit der Schule in Weiten-Gesäß weiter?

Wichtig ist zunächst: Die Grundschule in Weiten-Gesäß soll nicht geschlossen werden. Richtig ist, dass die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau ihre Trägerschaft 2026 abgeben will und derzeit auf der Suche nach Alternativen ist; darunter ist auch eine Übertragung an den Staat. Gespräche darüber laufen. Die EKHN gibt übrigens allen derzeitigen Schülerinnen und Schülern sowie deren Eltern die Garantie, ihre Grundschulzeit bis 2026 noch in Weiten-Gesäß absolvieren zu können.

Die Entscheidungs-Vorlage für die Herbstsynode ist öffentlich zugänglich (Weiten-Gesäß auf Seite 38)

Debatte in der Synode zu dem Arbeitspaket 9  

 

 


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