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40 Jahre deutsch-ägyptische Jugendbegegnung

Fremde werden Freunde

Spaß im Schnee hatten Jugendliche aus dem Land am Nil bei der letzten Jugendbegegnung in Deutschland im Jahr 2018 auf der Zugspitze.

Die deutsch-ägyptische Jugendbegegnung im Evangelischen Dekanat Dreieich-Rodgau hat inzwischen über vier Jahrzehnte Bestand - eine unglaubliche Erfolgsgeschichte! Mitte Juli wird wieder eine Gruppe junger Christen aus dem Land am Nil zu Besuch in der Region sein, um sich mit Altersgenossen aus dem Kirchenkreis über Gott und die Welt auszutauschen.

 

Jonathan hat bereits an drei deutsch-ägyptischen Jugendbegegnungen teilgenommen: 2018 in Deutschland, sowie 2017 und 2019 in Ägypten: danach war aufgrund der Pandemie erst einmal Sendepause. Inzwischen ist der gebürtige Langener Mitte 20, Bankkaufmann, und lebt in Obertshausen. Einfach phantastisch sei es gewesen, schwärmt er noch heute von seinen beiden Ägyptenreisen mit der Gruppe. Besonders gefallen hatte ihm, „dass wir in so kurzer Zeit so viel gesehen haben. So etwas kann man nicht im Reisebüro buchen.“  Nun gibt es für Jonathan und andere junge Menschen aus dem Evangelischen Dekanat Dreieich-Rodgau endlich Gelegenheit, etwas von der Gastfreundschaft zurückzugeben, die sie im Land der Pharaonen erfahren haben.

Zu Besuch in Deutschland

Einer der jungen ägyptischen Christen, die zu Besuch kommen, ist der 22 Jahre alte Student Akram aus Luxor. Mit ihm hatte sich Jonathan bei der letzten Jugendbegegnung in Ägypten besonders gut verstanden. Akram erzählt, dass er eigentlich befürchtet hatte, keinen guten Draht zu den Deutschen zu finden, aber das Gegenteil sei dann der Fall gewesen: „Ich hätte niemals gedacht, dass die Deutschen so kommunikativ sind; wir haben viel gesprochen und gelacht.“

Für Akram und elf weitere ägyptische Jugendliche wird am 16. Juli ein lange gehegter Wunsch in Erfüllung gehen. Sie werden von Kairo aus nach Frankfurt fliegen, um sechs Tage lang an einer deutsch-ägyptischen Jugendbegegnung im Landkreis Offenbach sowie einer anschließenden Kurzfreizeit in den bayerischen Alpen teilzunehmen. Eine internationale Jugendbegegnung in Zeiten, in denen die Angst vor dem Fremden oftmals größer ist, als die Neugier darauf.

Intensive Kontakte über vier Jahrzehnte

Niemand konnte im Juli 1982 ahnen, als Dekanatsjugendreferent „Charly“ Grosch und der Langener Pfarrer Dr. Tharwat Kades zusammen mit einer Gruppe von Jugendlichen zu einer Reise nach Port Said am ägyptischen Mittelmeer aufbrachen, dass damit die Initialzündung zu einem 40 Jahre währenden erfolgreichen Programm aus Hin- und Rückbegegnungen gelegt war.

Mit von der Partie war damals ein junger Abiturient namens Stefan Löbig, inzwischen ist er seit 2014 Langens Erster Stadtrat. „Diese Reise war eine tolle Erfahrung, die ich niemals vergessen werde. Sie hat mir damals die Augen geöffnet: Wir haben wirklich viel gesehen, auch die Armut der Menschen“, sagt er. Am besten gefallen hatten ihm die intensiven Kontakte mit den ägyptischen Jugendlichen.

Austausch über Religion, Politik und Kultur

Intensive Kontakte und das Knüpfen von Freundschaften sind auch nach 40 Jahren noch das Herzstück des Programms, betonen Dekanatsjugendreferent Carsten Preuß, Gemeindepädagoge Joachim Reinhard und Pfarrer Dr. Tharwat Kades, der selbst aus Ägypten stammt.  Sie leiten das Austauschprojekt und wollen den Dialog als Voraussetzung für gegenseitiges Verständnis befördern. „Der Einfluss von Religion, Kultur und Politik auf die Lebensentwürfe von Jugendlichen“ ist das übergeordnete Thema der Jugendbegegnung. Auch die Frage nach der Entwicklung von Demokratie und politischer Teilhabe in Deutschland und in Ägypten soll in diesem Jahr eine Rolle spielen. Darüber hinaus werden der Krieg in der Ukraine, sowie die weltweite Flüchtlingsbewegung zum Gesprächsthema werden.

Junge Christen, eine Minderheit im islamisch geprägten Ägypten, treffen dabei auf Jugendliche eines Landes, dessen Kultur, Werte und Normen seit Jahrhunderten christlich geprägt sind. Junge Ägypter, für die der christliche Glaube und die Zusammengehörigkeit in der Kirchengemeinde identitätsstiftend sind,  begegnen jungen Deutschen, für die Christ sein oft etwas so Banales und Selbstverständliches ist, dass sie sich im Alltag darüber kaum noch Gedanken machen.

Unterschiedliche Denkweisen kennenlernen

„Wie kann es sein, dass ihr in einem christlichen Land lebt, und trotzdem sind die Kirchen leer? Warum geht ihr sonntags nicht in die Kirche?“, werden die Deutschen von den Ägyptern gefragt werden. „Wie oft lest ihr in der Bibel? Wie oft betet ihr?“ Die jungen Deutschen werden über Fragen nachdenken müssen, die ihnen auf den ersten Blick nicht der Rede wert erscheinen und trotzdem nicht leicht zu beantworten sind. Häufig werden es die Gespräche im kleinen Kreis sein, die große Wirkung erzielen.

Aber auch die jungen Deutschen werden Fragen stellen: „Habt ihr auch muslimische Freunde? Wart ihr schon einmal in einer Moschee? Dürft ihr Freundinnen oder Freunde haben, bevor ihr euch verlobt? Ist es möglich, sich scheiden zu lassen? Sind Frauen und Männer in eurer Kirche gleichberechtigt?“ Verbindendes und Trennendes wird gesucht werden, Brücken der gegenseitigen Verständigung sollen gebaut werden.

Die eigene Heimat vorstellen

Neue Leute aus einer anderen Kultur kennen zu lernen, darauf freuen sich Lena (18) und Sara (17 Jahre) aus Neu-Isenburg. Die beiden Schwestern werden zwei ägyptische Gäste bei sich zuhause aufnehmen und können sich vorstellen, ihnen mal ein typisch deutsches Essen zu servieren, zum Beispiel Frankfurter Würstchen und Schwarzbrot.

Auch Jonathan und sein Bruder Mathis aus Langen werden jeweils einen der jungen Ägypter bei sich daheim beherbergen. Sie freuen sich schon darauf, mit ihren ägyptischen Gästen spazieren zu gehen und ihnen etwas von ihrer Heimat zu zeigen, zum Beispiel die Langener Altstadt.

Joachim Reinhard

Ein abwechslungsreiches Programm soll dafür sorgen, dass die Gäste aus dem Land der Pharaonen sowohl Land und Leute als auch kirchliches Leben in Deutschland kennenlernen können.
Den Auftakt der Begegnung bildet am Samstag, 16. Juli, um 16 Uhr ein Empfang im Evangelischen Gemeindezentrum Gravenbruch. Am Sonntag, 17. Juli, ist die deutsch-ägyptische Gruppe um 11 Uhr zu Gast im Gottesdienst im Langener Petrus-Gemeindehaus. Ausflüge führen unter anderem nach Frankfurt ins Bibelmuseum und in den Rheingau; auch der Besuche einer Synagoge in Darmstadt steht auf dem Plan.

Im Anschluss an die Tage im Dekanat brechen deutsche und ägyptische Jugendliche am Freitag, 22. Juli, zu einer gemeinsamen Freizeit in die Jugendherberge Lenggries auf. Hier ist dann unter anderem ein Trip nach Garmisch-Partenkirchen mit Besuch der Partnachklamm und des Olympiastadions angesagt. Bei einer Exkursion auf die Zugspitze, den höchsten Berg Deutschlands, werden sich die ägyptischen Gäste zum ersten Mal in ihrem Leben mit Schnee konfrontiert sehen. Am Dienstag, 26. Juli, treten die Gäste dann von München aus die Heimreise an.


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